Mit der Smartwatch Insulinbildung steuern
ETH-Forschende haben einen Genschalter entwickelt, der sich mit dem gr¨¹nen LED-Licht handels¨¹blicher Smartwatches bet?tigen l?sst - eine Premiere, die k¨¹nftig f¨¹r die Diabetesbehandlung genutzt werden k?nnte.
Viele moderne Sportuhren oder Smartwatches haben LED-Dioden integriert. Diese geben kontinuierlich oder gepulst gr¨¹nes Licht ab, das die Haut durchdringt und unter anderem daf¨¹r genutzt wird, w?hrend sportlicher Bet?tigung oder in Ruhe den Puls zu messen.
Solche Uhren sind mittlerweile weit verbreitet. Darum wollen ETH-Forschende um Martin Fussenegger vom Departement Biosysteme in Basel diese Lichtquelle nutzen, um durch die Haut hindurch Gene zu steuern und das Verhalten von Zellen zu ver?ndern. Die Schwierigkeit dabei: ?Ein molekulares System, das auf Gr¨¹nlicht reagiert, gibt es nat¨¹rlicherweise in menschlichen Zellen nicht?, betont Fussenegger, ?wir mussten deshalb etwas Neues konstruieren.?
Gr¨¹nlicht der Uhr aktiviert Gen
Entwickelt haben der ETH-Professor und seine Mitarbeitenden schliesslich einen molekularen Schalter, der ¨C einmal implantiert ¨C mit gr¨¹nem Licht von Smartwatches aktiviert werden kann.
Der Schalter ist gekoppelt mit einem genetischen Netzwerk, das die Forschenden menschlichen Zellen hinzuf¨¹gten. F¨¹r diesen Prototyp verwendeten sie wie ¨¹blich HEK-Zellen. Je nach Konfiguration dieses Netzwerks ¨C sprich: mit welchen Genen es ausgestattet ist ¨C kann es beispielsweise Insulin produzieren, sobald gr¨¹nes Licht auf die Zellen trifft. Wird das Licht ausgeschaltet, wird der Schalter inaktiviert und der Vorgang stoppt.
Standardsoftware genutzt
Die Forschenden benutzten daf¨¹r die Standardsoftware der Smartwatch und mussten nicht einmal eigene Programme entwickeln. In ihren Versuchen konnten sie das Gr¨¹nlicht einschalten, indem sie die ?Lauf-App? starteten. ?Solche Uhren ab Stange sind universell nutzbar, um den molekularen Schalter umzulegen?, sagt Fussenegger. Neue Modelle senden das Licht gepulst, was sich noch besser eignet, um das Gennetzwerk am Laufen zu halten.
Der molekulare Schalter ist allerdings komplizierter. In der Membran der HEK-Zellen wurde ein Molek¨¹lkomplex eingebaut, der ?hnlich einer Eisenbahnwagenkupplung mit einem entsprechenden Gegenst¨¹ck gekoppelt ist. Sobald gr¨¹nes Licht angeschaltet wird, l?st sich das in das Zellinnere hineinragende St¨¹ck ab und wird in den Zellkern transportiert. Dort schaltet es ein Gen an, das Insulin produziert. Sobald das Gr¨¹nlicht erlischt, verbindet sich das abgekoppelte Teil wieder mit dem in der Membran verankerten Gegenst¨¹ck.
Implantat mit Wearables steuern
Ihr System testeten die Forschenden sowohl an einer Speckschwarte als auch an lebenden M?usen, denen sie die entsprechenden Zellen implantierten und eine Smartwatch wie ein Rucksack anschnallten. Durch das Starten des Laufprogramms der Uhr schalteten die Forschenden das Gr¨¹nlicht ein und setzten die Kaskade in Gang.
?Es ist das erste Mal, dass man mit kommerziell erh?ltlichen intelligenten elektronischen Ger?ten, die auf der Hautoberfl?che getragen werden, sogenannten Wearables, ein solches Implantat steuern kann?, betont der ETH-Professor. Die meisten Uhren verf¨¹gen ¨¹ber gr¨¹nes Licht, weshalb es sinnvoll ist, eine m?gliche k¨¹nftige Anwendung darauf auszurichten. Auf diese Weise m¨¹ssten Anwenderinnen und Anwender kein spezielles Ger?t kaufen.
Bis die Technologie in die Klinik kommt, w¨¹rde es allerdings mindestens 10 Jahre brauchen, sch?tzt Fussenegger. Die in diesem Prototyp verwendeten Zellen m¨¹ssten durch Eigenzellen des Anwenders ersetzt werden; auch muss das System die klinischen Phasen ¨¹berstehen, ehe es zugelassen wird. Die H¨¹rden daf¨¹r sind hoch: ?Bis heute gibt es nur sehr wenige zugelassene Zelltherapien?, betont Fussenegger.
Literaturhinweis
Mansouri M, Hussherr M-D, Strittmatter T, Buchmann P, Xue S, Camenisch G, Fussenegger M: Smart-watch-programmed green-light-operated percutaneous control of therapeutic transgenes. Nature Communications, 2021, 7. Juni; doi: externe Seite10.1038/s41467-021-23572-4call_made